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"Wir befinden uns auf der ersten popliterarischen Veranstaltung Deutschlands: Es muß ein legendärer Abend gewesen sein... Eine wunderbare Ausgrabung!"
"Ein Fundament so genannter Popliteratur"
"Wenn man sich heute an Hubert Fichte erinnert, denkt man an den auf der Beatles-Bühne gefeierten Popliteraten. Diese Aufnahme zu hören ist nicht nur ein Vergnügen, es erleichtert auch den Zugang zu Fichtes späteren Romanen und ethnographischen Arbeiten, gerade zu den im Druckbild oft sperrig oder gar bloß spleenig scheinenden Listen, Schnitten, Wortkaskaden."
"Welch eine Entdeckung! Weiß der Himmel, wo supposé das alte Tonband ausgegraben hat. Fichte liest, Ian & the Zodiacs und Ferre Grignard machen Musik - man meint, es wäre gestern abend in der Kneipe um die Ecke gewesen..."
"Eine solche literarische Performance dürfte es bis zum 02. Oktober 1966 in Deutschland noch nicht gegeben haben: Und das macht dieses Hörbuch zu einem einzigartigen Dokument der 60er Jahre, als sich die Gegenkultur aus der spießigen Welt der Adenauer-Republik herausschälte... Die Lesungen der Gruppe 47 machten sich dagegen wie spießige Gymnasiasten-Seancen aus."
"Der Auftritt markiert die Geburtsstunde der Lesung als popkulturelles Phänomen."
"Gehört in jedes Bücherregal mit Gibson und Co., neben dem gleichberechtigt eine Plattensammlung steht. Daher wäre es schön, würde sie eher als ein Stück Gegenwart erkannt, denn als etwas Vergangenes ... Man bekommt den Eindruck, die heutige Realität habe in den 60er Jahren begonnen."
"Hubert Fichte ist nicht nur schreibend ganz tief in die Verhältnisse eingestiegen, in denen junge Gesellschaftsflüchtlinge, Obdachlose, Homosexuelle, Gammler und andere nicht der Norm entsprechende Menschen lebten. Fichte beobachtete an Ort und Stelle bis in die kleinsten Einzelheiten, notierte Gefühlsäußerungen, notierte Körpersprache. Er schmettert die Sätze heraus, schleudert sie dem Publikum entgegen und hält die Wörter doch umklammert bis zum nächsten Satz. Erst dann verlassen sie den Einflussbereich des Autors, dringen ein in das offene Bewusstsein des Publikums, das vielleicht nur höflich zuhört, von dem Vorgelesenen dennoch eingefangen wird... Mit der Mischung aus Lesezirkel und Tanzveranstaltung traf Hubert Fichte den Nerv vieler junger Menschen, die vom Bildungsbürgertumgetue und hochgeistiger, in ihren Ohren aber langweiliger Literatur genug hatten. Mit Fichte sagten sie der nach hinten blickenden Nachkriegsliteratur älterer Autoren Ade und Bühne frei für die Probleme der gegenwärtigen Zeit..."
"Daß die Subkultur zu Zeiten der Palette noch wirklich 'underground' und ebenso neugierig wie selbstbewußt war, läßt sich bei Fichtes Rezitation im Star-Club gut raushören. An den Publikumsreaktionen wird das damalige Gegenkultur-Selbstverständnis deutlich, etwa, wenn bei Fichtes Wortschöpfung 'Senatscowboy' (für Polizist) das ganze Auditorium in lautes Grölen ausbricht. Die Zugehörigkeit zum exklusiven Kreis der Hipster, Nachteulen, Prolls und Halbseidenen wurde aber nicht nur mit Erfahrungsgewinn gegenüber den Spießern 'da draußen' belohnt. Auch Risiken wie Drogensucht und gesellschaftliche Ablehnung waren damit verbunden – was Fichte mit seinen Geschichten über Impotenz durch Heroinsucht, Schwulen-Außenseiter oder die Aporien der Anti-Atom-Ostermarschierer betont ..."
"Ein außergewöhnliches Dokument."
"Diese Lesung gilt als Geburtsstunde der Popliteratur."
"Akustische Post aus dem Jahr 1966: Hubert Fichte blickte mit so klarem wie humorvollem Auge; er (ver-)dichtete und schrieb mit einer unbändigen und zugleich hoch kontrollierten Sprachlust; er war ein Wortfeldakrobat – und bei der Lesung im Star-Club wäre ich verdammt gern dabei gewesen, denn vortragen konnte der Mann, dass es eine Wonne ist ihm zuzuhören. Was supposé (man kann diesen Kölner Verlag und sein wunderbares Programm nicht oft genug loben) möglich macht; die haben den Mitschnitt veröffentlicht. Wortkunst und Lautkunst, im Zusammenspiel mit der tollen Garagenbeatmusik von Ian & the Zodiacs: Das ist psychedelisch, sinnlich, intellektuell und, No money, no honey, no money, no love, zeitvoll und zeitlos zugleich: klasse."
"Hubert Fichte setzt der Kellerpinte in der ABC-Straße und ihren nonkonformen Besuchern ein Denkmal, das auch eine Generation später witzig, einfühlsam und schonungslos ist und eine eigenartige Liebe für die Hansestadt versprüht. Fichte liest seinen Text schlicht großartig, sein Hamburger Idiom lässt die Geschichten lang im Hörgedächtnis nachhallen."
"Von ihm selbst vorgetragen wirkt seine Prosa viel rhythmischer, weicher, ja lyrischer als beim stillen Lesen: wie eine hanseatische Antwort auf Allen Ginsberg. Mit der Lesung im Star-Club weckte Fichte erstmals Aufmerksamkeit für seinen neuen Stil, der von lakonisch aneinandergefügten Hauptsätzen lebte, von Listen und Satzfetzen. Eine Sprache der kaputten Städte, der Generation Bombenschaden, vollkommen gegenwärtig und zugleich an den großen Prosawerken des Expressionismus geschult."
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